Beitrag im SERVUS Stadt&Land-Magazin vom 01/2019
Aktualisiert: 16. Nov. 2021
Wir haben uns sehr gefreut, als das SERVUS-Magazin bei uns angeklopft hat und gerne einen Beitrag über unsere Arbeit schreiben wollte.
Begeistert haben wir zugesagt - eine große Freude, dass unser Tun auf so viel Interesse stößt!
UNSERE KRÄUTERFRAUEN - Teil V - Ihr Leben, ihre Weisheiten, ihre Rezepte
Alle Fotos und Beitrag von Servus Stadt&Land.
Text: Ela Angerer Fotos: Victoria Schaffer
AM BESTEN PFLEGT DIE NATUR
Jahrlang litt Vanessa Arnezeder unter empfindlicher Haut - bis sie begann, ihre Cremen selbst zu rühren. Was am Anfang nur als Experiment gedacht war, wurde zu einer neuen Berufung.
Am allerliebsten arbeitet Vanessa Arnezeder in ihrem Garten - sogar jetzt im Jänner, wenn der raue Wind über die Hügel des Oberen Mühlviertel fegt.
Vor ihr trotzden Rosmarin- und Lavendelbüsche der Kälte.
Hinter ihr liegt das Donautal mit Blick auf Stift Wilhering. "Die Destille ist mein liebstes Werkzeug", sagt sie und stellt eine glänzende Kanne auf den Gartentisch.
Vanessas Destille, das ist ein dreistöckiger Kupferkessel zum Auffangen der Pflanzenaromen. Mit einem ähnlichen Gerät könnte man theoretisch genauso Schnaps brennen. Aber in unserem Fall werden darin die ätherischen Öle der Kräuter über Wasserdampf herausgekitzelt.
Heute befüllt Vanessa ihre Destille mit getrockneten Rosenblütenblättern. Sie möchte sich aus dem wertvollen Öl und anderen Zutaten eine reichhaltige Rosencreme machen. "Das ist das beste für meine trockene Winterhaut".
VERTRAUEN AUF DAS INNERE GEFÜHL
Fünfzehn Jahre ist es her, da hat Vanessa ihre erste Creme gerührt - und das nur aus einer Not heraus: "Ich war damals im Außendienst eines großen Konzerns tätig, und das Basteln und Selbermachen war so gar nicht meins", erzählt sie.
Aber weil sich ihre Haut zunehmend verschlechterte und kein Kosmetikprodukt aus dem Handel etwas dagegen ausrichten konnte, startete sie schließlich ihren ersten Versuch.
Ihre Mutter hatte ihr einen Gutschein für einen Naturkosmetik-Kurs geschenk - "das war damals noch alles andere als salonfähig", erinnert sich Vanessa.
Wenig begeistert dachte sie dabei eher an zerdrückte Avocados und klebrige Topfenmasken mit Heilerde. "Viel habe ich mir nicht erwartet. Aber aus Verzweiflung über meine Haut fuhr ich eben doch zu diesem Drei-Stunden-Schnellkurs nach Wien."
Zurück im oberösterreichischen Ottensheim hatte sie zwar noch wenig Durchblick, trotzdem beschloss sie aufgrund eines starken inneren Gefühls "Jetzt gibst du dem Ganzen eine Chance".
Also besorgte sie sich eine Menge Bücher über die Herstellung von Kosmetik. "Darunter auch viel über Chemie", erinnert sie sich.
Außerdem besuchte sie weitere Kurse und machte schließlich auch eine Ausbildung zur Kräuterpädagogin.
Am meisten lernte sie jedoch durch das ständige Rühren und Herumexperimentieren. "Anfangs sind natürlich nur fünfzig Prozent der Cremen etwas geworden. Aber dieses Scheitern gehörte halt dazu und trieb mich weiter an."
Nur die Leute im Ort begannen zu reden und sagten bald über die junge Frau: "Jetzt spinnt die total".
DURCH FREUNDINNEN BEFLÜGELT
Dass sich Vanessas Hautbild während ihrer Lern- und Experimentierphase zunehmend verbesserte, fiel auch ihren Freundinnen auf - die wollten dann natürlich auch mit den guten Cremen versorgt werden. Und so artete der Erfolg ihrer Tiegel und Fläschchen zunehmend in Arbeit aus.
Eines Tages verkündete sie: " Ich zeig euch, wie das geht, dann macht ihr euch das selbst".
Vanessa begann, ihre ersten Kurse über die Herstellung von natürlichen Cremen, Seifen und Shampoos zu halten. Zuerst nur im Freundeskreis, doch langsam wuchs die Nachfrage; und irgendwann beschloss sie, ins kalte Wasser zu springen und sich mit ihrer Passion selbstständig zu machen.
TAUSCHGESCHÄFTE MIT HEILKRÄUTERN
Es folgten viele Tauschgeschäfte: So darf Vanessa etwa bis heute in den Gärten vieler Nachbarinnen und Freundinnen "wertvolle Kräuter plündern" - Ringel- und Rosenblüten oder Hamamelisrinde - ,denn alles, was die Haut stärkt und heilt. schafft sie beim besten Willen nicht, in ihrem eigenen Garten anzubauen.
"Ehrlich gesagt, fehlt mir dazu oft die Zeit. Da ist es sinnvoll, sich gegenseitig zu unterstützen."
Das naturbelassene Bienenwachs bekommt sie von ihrem Vater, er ist Imker.
Ätherische Öle, die sie nicht selbst mit ihrer Destille herstellt, bezieht sie von Kleinbauern, die sich auf den Anbau und das Destillieren spezieller Heilkräuter spezialisiert haben.
GUTE GRÜNDE, SELBST ZU RÜHREN
Vor drei Jahren kam Vanessas Sohn Benjamin zur Welt. Ein weiterer Grund, warum die Naturkosmetik ihr Herzensthema geblieben ist. "Plötzlich ging es darum: Wie bade ich mein Kind - und vor allem: womit?"
Konventionelle Kosmetik, sagt Vanessa, basiert in den meisten Fällen auf Mineralöl.
Ein Stoff, der billig ist und wenig Irritationspotenzial birgt. Der Haken: "Mineralöl ist mit dem Hydro-Lipidfilm unserer Haut nicht verwandt. Es verstopft die Poren."
Dazu kommen oft Silikone, Weichmacher und künstliche Duftstoffe - für Vanessa alles gute Gründe, selbst zu rühren.
Und weil Selberrühren auf immer größeres Interesse stößt, wagte Vanessa mit ihrer Naturkosmetik-Kollegin Doris Reisenbichler den nächsten Schritt: Zusammen betreiben die beiden seit kurzem einen Versandhandel, wo man alle Zutaten für das Selbermachen von Cremen, Seifen und Zahnpasten bekommen kann.
ZUERST EINFACH, DANN KOMPLIZIERT
Inzwischen hat Vanessa das wertvolle Rosenöl in ihrer Destille aufgefangen. Wer mit so einem Apparat arbeitet, muss einiges an Fachwissen haben. Aber es geht unkomplizierter. "Man kann auch sehr gute Balsame und Öle ohne viel Übung selbst herstellen", sagt die Expertin.
Später wird Vanessa in der Küche für ihre Rosencreme noch Bienenwachs, Macadamianussöl und Kakaobutter schmelzen. Aber jetzt genießt sie die Stille im Garten. Atmet tief durch. Denn hier fühlt sie sich eins mit den Kräften der Natur.
Schließlich sind es diese Kräfte, die der Oberösterreicherin zu ihrer Berufung verhalfen.
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